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„Vor welcher Herausforderung steht Berlin: Was läuft nicht so gut? Wo siehst Du Handlungsbedarf? Wie sieht Deine Lösung aus?“ Diese Beteiligungsfrage, auf einen Papierbogen gedruckt, war Teil einer Aktionsbox, die anlässlich des Demokratietages am 15. September 2021 zur Verfügung gestellt wurde.

Ich muss gestehen: meine Lust, den Bogen auszufüllen, war gering. Wen interessiert es, welche Herausforderungen ich spontan für Berlin sehe und welche Lösung ich dazu notiere? Alles, was mir auf die Schnelle einfällt, werden Dinge sein, die in die Kategorie eh-schon-klar fallen. Und selbst wenn ich einen zündenden Einfall hätte: wer würde den lesen, herausfischen aus den vielen weiteren ausgefüllten Zetteln und eventuell in die Tat umsetzen? Nach welchen Kriterien überhaupt wird entschieden, welche der Ideen in irgend einer Form aufgegriffen werden: Machen das diejenigen, die die Beteiligung durchführen, nach Lust und Laune?

Ich möchte die Aktion „Vor welcher Herausforderung steht Berlin?“ nicht schlechtreden. Vielmehr möchte ich das Beispiel benutzen, um aufzuzeigen, was man alles richtig machen könnte bei einer Beteiligung, die mit einer offenen Freitextfrage an den Start geht.

  1. Die Fragestellung: Die Fragestellung muss so gewählt sein, dass Teilnehmende sie ohne große Mühe beantworten können. Zugleich sollten sie den Eindruck haben, dass ihre Antwort in irgendeiner Hinsicht einen Unterschied machen kann. Dies könnte der Fall sein, weil ihre Idee so zündend ist, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass diese Gehör findet. Oder auch, weil man als Teilnehmer davon ausgehen kann, in einen Chor von Gleichgesinnten einzustimmen, der gemeinsam einem Anliegen Gehör verschafft.
  2. Ergebnistransparenz: Als Teilnehmer erwarte ich, dass öffentlich sichtbar ist, was die Resultate eines Beteiligungsprozesses sind. Hier hilft es wenig, wenn alle eingereichten Ideen als lange Liste veröffentlicht werden. Interessanter ist es, wenn die Beiträge der Teilnehmenden thematisch in Gruppen und Untergruppen gegliedert werden. Mit Hilfe eines solchen Ordnungs- und Findesystems wird gewährleistet, dass auch in praktischer Hinsicht transparent wird, welche Themen angesprochen und welche Vorschlage dazu eingereicht wurden.
  3. Entscheidungsorientierung: Ein Beteiligungsprozess sollte klar auf eine Entscheidung hin ausgerichtet sein. Dass Entscheider sich nach Gutdünken einzelne der eigereichten Ideen aussuchen, ist aus Sicht von Beteiligten keine sehr zufriedenstellende Lösung. Besser wäre es, wenn sich die Entscheider verpflichten würden, zu den eingereichten Vorschlägen zumindest eine Stellungnahme abzugeben: „Machen wir!“. Oder: „Haben wir schon!“ Oder: „Können wir nicht machen, weil ….“

Innerhalb eines Beteiligungsprozesses sind es vergleichsweise kleine Design-Features, die es ermöglichen, diesen Punkten gerecht zu werden. Aber diese machen einen Unterschied ums Ganze. Einfach nur nach Ideen fragen: das ist eine Umfrage. Einbahnstraße. Mit den zusätzlichen Design-Features wird daraus Beteiligung. Und die meisten Leute, würde ich mal behaupten, machen lieber bei einer Beteiligung mit als bei einer Umfrage.