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Liebe Beteiligungsinteressierte!

Bevor Sie in den Sommer entschwinden, teilen wir mit Ihnen, was wir in den letzten Wochen rund um Beteiligung, Partizipation und Co-Creation ausprobiert, aufgeschnappt und uns ausgedacht haben. Die Themen dieses Mal: ein neuer Typus Beteiligungsfrage, ein Workshop-Format mit zeitversetzten Mini-Arbeitseinheiten und aktuelle Beiträge aus der Forschung.

Brandneue Funktionen und Features

Seit dem Relaunch unserer Plattform Anfang des Jahres hat sich weiter einiges getan. Über 15 Projekte wurden gestartet und erfolgreich durchgeführt. Außerdem haben wir eine Vielzahl neuer Features an den Start gebracht. Hier eine kleine Auswahl:

Stadt Monheim am Rhein: Unsere Mitdenken-Plattform in Leichter Sprache

In enger Zusammenarbeit mit dem Team Bürgerschaftsbeteiligung der Stadt Monheim am Rhein haben wir unsere Plattform in Leichter Sprache zugänglich gemacht. Mit dem neuen Feature gehen wir nicht nur einen weiteren Schritt in Richtung Barrierefreiheit, sondern ebnen auch den Weg für den Einsatz der Plattform in mehrsprachigen Communities.

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Stadt Lohne: Video als Einstieg in die Beteiligungsfrage

Die Stadt Lohne hat für ein Projekt, bei dem es um die Gestaltung eines künftigen Klimaparks geht, ein Vogelflug-Video gedreht, in dem auch der beauftragte Landschaftsarchitekt und andere Akteure zu Wort kommen. Wir sind absolut begeistert!

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Grüne Wien: Analoge Workshops als Fortführung des Beteiligungsprozess

Mit dem Landesverband der Grünen in Wien haben wir ein Beteiligungsprojekt zum Grundsatzprogramm der Partei durchgeführt. Für uns interessant: Die Grünen haben die Stellungnahmen aus dem Prozess zum Ausgangspunkt für eine Reihe von öffentlichen Workshops zu neun verschiedenen Themen genommen, in denen die Fragen und Themen mit Bürger:innen vertieft und konkretisiert werden. Wir finden das eine super Idee und sind auf die Resultate gespannt!

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Mit welchen Herausforderungen sind Sie aktuell konfrontiert? Stellen Sie uns gerne einen kurzen Termin ein. Wir überlegen gemeinsam mit Ihnen, wie Sie diese Herausforderungen mit dem Wissen Ihrer Stakeholder meistern können.

Ausprobiert: Fragestellung vom Konkreten ins Allgemeine

Fragedesign ist ein Thema, das uns fortwährend beschäftigt. Oft stellen wir auf der CrowdInsights-Plattform Fragen, die relativ weit ausholen und vom Allgemeinen aufs Konkrete schließen. In einem Projekt, welches wir aktuell betreuen, haben wir nun den umgekehrten Weg vom Konkreten zum Allgemeinen gewählt. Was es damit auf sich hat und warum dieser Ansatz in manchen Fällen zu besseren Ergebnissen führt, erfahren sie hier.

Ausgedacht: Ideenfindungs-Workshop nach der Weihnachtsbaum-Methode

Online-Beteiligung ist in der Regel zeitversetzte Zusammenarbeit. Es gibt allerdings auch Aufgaben, für die dieser Modus allein nicht ausreicht und wo Iterationen notwendig sind, um eine Idee zu entwickeln.

Wir bei CrowdInsights setzen in solchen Fällen auf die organisierte Verknüpfung von kurzen Arbeitseinheiten in Form von gemeinsam erstellten und bearbeiteten Dokumenten sowie Zeichnungen, Umfragen, in Kombination mit kurzen Videokonferenz-Meetings. Hierzu haben wir uns für einen Kunden einen Ablauf ausgedacht, den wir Tannenbaum-Methode nennen. Wie dieser genau funktioniert, können Sie hier nachlesen.

Aufgeschnappt: Aktuelles aus der Forschung

Smart-City-Ethik

Der Sozio-Physiker Dirk Helbing von der Universität Zürich hat zusammen mit seinen Kollegen ein lesenswertes Paper mit dem Titel „Ethics of Smart Cities“ geschrieben. Das Thema: Wie kann eine Smart City nicht nur technologie-, sondern wertegetrieben gedacht und entwickelt werden? Und wie können Bürger:innen dabei beteiligt werden? Werte, wie Wohlbefinden, Gleichheit, Sicherheit, Nachhaltigkeit, Gesundheit, Freundschaft oder Solidarität. Wie kriegt man so etwas in Smart City Technologie rein?

Ein Beispiel: In der niederländischen Stadt Utrecht wurden 2019 hunderte von neuen Bushaltestellen eingerichtet. Ausgestattet sind die Haltestellen nicht nur mit digitalen Anzeigetafeln, sondern mit üppig bepflanzten Dächern, welche Bienen und andere Insekten anziehen, Staubpartikel aus der Luft filtern, Regenwasser aufnehmen, im Sommer Kühle spenden und den Wartenden ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. „Smart daran ist“, schreiben Helbig und Kolleg:innen, „dass diese Haltestellen eine ganze Reihe von Werten in sich vereinen, insbesondere Nachhaltigkeit, Wohlbefinden und Sicherheit, und das all dies in einem in sich stimmigen Design realisiert worden ist.“

Wie man auf solche Ideen kommt? Die Autor:innen empfehlen Co-Creation und Weisheit-der-Vielen-Ansätze – also das, was wir mit CrowdInsights machen.

Helbing, Dirk, Farzam Fanitabasi, Fosca Giannotti, Regula Hänggli, Carina Hausladen, Jeroen van den hoven, Sachit Mahajan, u. a. „Ethics of Smart Cities: Towards Value-Sensitive Design and Co-Evolving City Life“. Sustainability 13 (9. Oktober 2021): 11162. https://doi.org/10.3390/su132011162.

Akzeptanz von Bürger:innendialogen in der breiten Bevölkerung

Die Beteiligungsforscher:innen Saskia Goldberg und André Bächtiger von der Universität Stuttgart haben untersucht, wie Bürger:innen, die nicht selbst an Dialog-Formaten wie zum Beispiel einem Bürgerrat dabei sein können, die Resultate aus solchen Prozessen wahrnehmen.

In einem Umfrage-Experiment legten Bächtiger und Goldberg über 2000 repräsentativ ausgewählten deutschen Bürger:innen Szenarien vor, wie dialogische Beteiligungsverfahren (wie etwa Bürgerräte) ausgestaltet sein müssen, damit sie bei den nicht-teilnehmenden Bürger:innen Zustimmung erzeugen. Die Resultate zeigen, dass der Durchschnitt der Befragten bindende Entscheidungen durch nicht demokratisch legitimierte Bürgerforen klar ablehnt. Gewünscht werden jedoch eine enge Anbindung der Prozesse an die repräsentative Politik sowie eine hohe Anzahl von Teilnehmenden bei expliziter Berücksichtigung marginalisierter Gruppen.

Gut für unsere Kunden und uns. Denn genau diesen Ansatz verfolgen wir mit unserer Methodik.

Saskia Goldberg und André Bächtiger: „Catching the ‘deliberative wave’? How (disaffected) citizens assess deliberative citizen forums.“ British Journal of Political Science, März 2022

https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Buergerinnen-Dialoge-Kein-Allheilmittel-gegen-Krise-der-Demokratie/

Co-Creation hilft bei kontroversen Themen

Wenn’s kontrovers wird hilft Co-Creation mehr als der Versuch, Andersmeinende mit Argumenten zu überzeugen. Dieses Fazit legt eine jüngst im (nicht nur sehr empfehlenswerten, sondern auch frei zugänglichen) Journal of Deliberative Democracy erschienene Studie nahe. Das Problem ist bekannt und mittlerweile in der Psychologie auch gut erforscht: Der praktische Effekt von rationalen Argumenten sieht meistens so aus, dass der- oder diejenige, die mit Argumenten überzeugt werden soll, sich stattdessen oft verbarrikadiert. Dies scheint vor allem dann der Fall zu sein, wenn die Streitfrage in irgendeiner Form die soziale Identität, also das Selbstverständnis der Betreffenden tangiert. Ein Beispiel dafür aus jüngster Vergangenheit ist der Streit zwischen Corona-Impf-Gegnern und -Befürwortern.

Statt in den argumentativen Austausch zu gehen, scheint hier das gemeinsame Entwickeln von Lösungen (Co-Creation) besser dabei zu helfen, eine Lösung zu finden, die von vielen getragen wird. Der Grund: Bei der Co-Creation gelingt es besser, widerstreitende Positionen hinter sich zu lassen und stattdessen auf Interessen zu fokussieren, die geteilt werden oder für deren Berücksichtigung Lösungen gefunden werden können (so wie es die bekannte „Verhandeln-nach-Harvard“-Methode empfiehlt).

Wir bei CrowdInsights finden diese Beobachtung deshalb interessant, weil Ansatz des „Weg von den Sollen wir … oder sollen wir … nicht-Fragen, hin zu den Wie können wir … gestalten-Fragen“ auch bei unserer Konzeption von Beteiligungsprojekten im Vordergrund steht.

Wright, Graham. „Persuasion or Co-Creation? Social Identity Threat and the Mechanisms of Deliberative Transformation“. Journal of Deliberative Democracy 18, Nr. 2 (22. März 2022). https://doi.org/10.16997/jdd.977.